Gräser

Wenn man die Gärtnerei von Friedrich Camehl, in der Nähe von Gifhorn, besucht, hat man das Gefühl ein großes Grundstück muss her, um Gräser pflanzen zu können. Nicht hier und da ein Einzelnes, sondern so viel wie möglich in langen Reihen, in großen Feldern oder geschwungenen Drifts. Im Spätsommer gibt es in der Gärtnerei von Friedrich Camehl ein großzügiges Wogen in Grün, Grüngelb, Silber, Blau, Ocker, Rotbraun, und die hohen, im Schwung geschnittenen Hecken lassen auch an die Bewegung von Wellen denken.

Gräsermeer
Gräsermeer

Der Weg zu den Gräsern

Die Faszination der Gräsern hat ihn schon früh gepackt haben: „Den ersten botanischen Namen, den ich in der Ausbildung gelernt habe war: Bouteloua olygostacha, das Moskitogras mit seinen waagerecht abstehenden, braunen Ähren“, berichtet Friedrich Camehl schmunzelnd. Schon damals beschäftigt er sich intensiv mit Gräsern, musste er doch ein Herbarium mit 60 verschiedenen Wildgräsern anlegen. Nach einer Lehre als Staudengärtner, war ihm früh klar, dass er mehr in die Gartengestaltung gehen wollte und er machte seinen Meisterbrief in Veitshöchheim im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Es zog ihn zunächst beruflich nach Süddeutschland und er hatte sogar daran gedacht, mit seiner Familie nach Kanada auszuwandern. Doch dann überließ ihm sein Vater Land auf dem elterlichen Hof und heute finden sich auf einer Fläche von zwei Hektar mehr als 200 verschiedene Gräser, etliche Gehölze und Stauden, darunter ungefähr 80 verschiedene Funkien. Das Besondere an der Gärtnerei von Friedrich Camehl ist, dass er Freilandkultur betreibt. Die Pflanzen stehen in langen Reihen oder rechteckigen Feldern direkt im Boden und haben sich oft zu einer beeindruckenden Höhe entwickelt.

Die Riesen

Einige Chinaschilfarten sind als Solitäre aufgepflanzt und Friedrich Camehl weist daraufhin, dass manch ein Exemplar allein sechs Quadratmeter Fläche für sich braucht, wie die ‚Bogenlampe’, die er wegen der überhängenden Blütenrispen so getauft hat. Es ist ein imposantes Exemplar, dass standfest ist und dessen seitlich angeordnete Blüten sich nach dem Regen wieder aufstellen.

5-6 m² Platzbedarf für Miscanthus sin. 'Bogenlampe'
5-6 m² Platzbedarf für Miscanthus sin. 'Bogenlampe'

Interessant ist das starke Wachstum verschiedener Chinaschilfe für ihn auch im Hinblick auf nachwachsende Rohstoffe, die ebenso wie einige Großstauden dafür genutzt werden könnten. „Da gibt es zum Beispiel die Klafterlange Sonnenblume (Helianthus orgyalis). Sie ist vollstängelig und kann eine Höhe von mehreren Metern erreichen“, berichtet Friedrich Camehl engagiert. Bei ihm hat sie es innerhalb von einem Jahr vom kleinen Topf zur beeindruckenden Größe von zweieinhalb Metern gebracht.

Im Sommer und frühen Herbst ist Friedrich Camehl oft unterwegs um neue Gräser zu sammeln und Kontakte zu anderen Gräser-Spezialisten zu pflegen. So hat er 1995 zum Beispiel auf einem Acker in Veitshöchheim eine neue Pflanze entdeckt. „Das ist ein Chinaschilf, da sind die Arten giganteus und sachariflorus drin. Es ist eine Pflanze, die schnell wächst aber nicht wuchert. Und die Mutterpflanze hat es nicht übel genommen, mehr als 100 Teilstücke abzunehmen.“ Unzählige Arten und Sorten des Chinaschilfs finden sich in der Gärtnerei von Friedrich Camehl. Da sind die schmalblättrigen Sorten, die gelbgrün-gestreiften oder die frühblühende Arten wie Miscanthus sinensis 'Verneigung', die einen eleganten Eindruck macht.

Die Sorte 'Malepartus', die über zwei Meter hoch werden kann, besticht durch die späten, über den Halmen stehenden intensiv braunroten Blüten.

Miscanthus sinensis 'Verneigung'
Miscanthus sinensis 'Verneigung'

Gräservielfalt für den Garten

Doch Friedrich Camehl ist nicht nur von den Riesen unter den Gräsern begeistert. Da er auch heute noch hauptsächlich als Landschaftsgärtner tätig ist, greift er auch auf mittlere und niedrige Gräser zurück und er kann bei der Gestaltung seiner Gärten aus dem Vollen schöpfen. Die kräftigen Stauden und Gräser aus der Freilandkultur werden in großen Exemplaren ausgegraben, im Garten geteilt und dann je nach Gartenkonzept arrangiert. Allerdings hat er natürlich bestimmte Ansprüche, besondere Farben, Blüten und Standfestigkeit sind wichtige Kriterien.

Ein bunter Mix aus Stauden und Gräsern
Ein bunter Mix aus Stauden und Gräsern

In seinen Augen sind viele Gräser was Vermehrung durch Teilung anbetrifft recht unempfindlich. Ein Lampenputzergras mit braunroten Blütenwalzen (Pennisetum aloperuroides var. viridescens) wird um Juli vermehrt. Friedrich Camehl nimmt die Pflanzen auf, kürzt die grünen Halme und teilt die Pflanze mehrmals. „Dann muss man sie einfach nur noch einmal angießen und sie wachsen problemlos an“.

Einen Namen gemacht hat sich Friedrich Camehl auch durch besondere Züchtungen. Für die Rutenhirse Panicum virgatum 'Heiliger Hain' erhielt er im Jahre 2002 eine Auszeichnung von der Internationalen Staudenunion und 2007 eine Goldmedaille als Lieferant für die Bundesgartenschau in Gera und Ronneburg. Diese Rutenhirse zeichnet sich durch gute Standfestigkeit und eine schöne Lilafärbung in den Halmen aus, die kräftiger wird, wenn das Gras auf magerem Boden steht. Gefunden hat er sie in einem Bestand der Sorte 'Heavy Metal' „Die Rutenhirsen versamen sich nicht so stark, aber wenn ich dann einen Sämling entdecke, dann wird er gleich verhaftet und in einen Topf gepflanzt. Dann muss man einfach genau beobachten, was für eine Pflanze sich daraus entwickelt. Und mit etwas Glück ist eine neue Sorte entstanden.“

Das Tor zum Feld
Das Tor zum Feld

Die Vielfalt der Gräser, in der Gärtnerei von Friedrich Camehl, die jeden Samstag geöffnet ist, umfasst neben Pfeifengras, Reitgras, Seggen, Liebesgras, japanisches Berggras, Federborstengras auch besondere Pflanzen mit interessantem grün-blauem Laub. Darunter die Rutenhirsen 'Northwind', 'Prairie Skies' oder 'Cloud Nine' . Ein interessanter Ersatz für den wuchernden Strandhafer wäre das Magellan-Blaugras (Elymus magellanicus) mit stahlblauer Farbe, der aufrecht wächst und interessant mit Stauden kombiniert werden kann. Ungewöhnlich ist das Goldbartgras (Sorgasthrum nutans 'Blue Sioux'), aus dessen rötlichen Blüten gelbe Staubgefäße herausschauen, was ihm den schönen Namen verlieh.

Die vielen Gräserreihen und -felder werden in der Staudengärtnerei von Friedrich Camehl immer mal unterbrochen von großen Staudenflächen mit Sonnenhut,Taglilie und Schafgarbe in Gelbtönen oder Dost und hohem Staudenphlox in rosa und violett. Trotz der gerade Formen der Beete scheint alles ständig in Bewegung, es ist ein weiches Fließen und Rascheln und man vergisst die Zeit im Gräsermeer.

 

Text aus dem Buch "Die schönsten Gärtnereien"

Autorin und Fotografin Cordula Hamann stellt 23 beispielhafte Anlagen als Ideengeber vor.

 

ISBN-10: 3-421-03821-X
ISBN-13: 9783421038210

 

 

Aktuelles:

Anschrift

Baumschule Camehl

Im Grundfeld 5

29399 Wahrenholz OT Betzhorn

 

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